Mittwoch, 22. Juni: Kunst und Fahrgäste
Warum der Brandberg seinen Namen hat, sehen wir heute Morgen. Bei Sonnenaufgang leuchtet sein rotes Gestein so intensiv, als würde der Berg brennen. Gegen 8 Uhr verlassen wir die Lodge und fahren auf der D2359 von Osten her in das Brandbergmassiv hinein. Unterwegs nehmen wir ein paar einheimische Trittbrettfahrer mit, die, wie wir später sehen, hier als Guide arbeiten. Die Straße endet nach 6,5 km an einem Parkplatz am Beginn des Fußwegs zur Felsenmalerei der White Lady. Wir bezahlen für einen obligatorischen Guide und machen uns mit ihm auf den Weg zur White Lady. Durch unvorsichtige/rücksichtslose Touristen wurden viele Felszeichnungen beschädigt. Das Brandberg Community Tourist Project sorgt jetzt dafür, dass nur noch unter Aufsicht Besucher hierher kommen. Der Weg führt über kleine Bäche immer entlang eines grünen Tals. Nach knapp 3 km erreichen wir den Felsüberhang mit den berühmten Felszeichnungen. Die „Lady“ ist nach heutiger Einschätzung ein Krieger oder Schamane. Um ihn herum befinden sich noch weitere Menschendarstellungen sowie viele Tiere wie Zebras, Springböcke und Oryxe. Unser Guide fragt, ob wir gegen einen kleine Aufpreis, natürlich an ihn direkt zu entrichten, noch weitere Zeichnungen sehen möchten. Also gehen wir noch weitere 500 m das Tal hinauf und bekommen die Ostrich Cave, eine Stelle mit Giraffen sowie der Darstellung einer Wasserquelle, eine Wohnhöhle und eine große Wand voller Zeichnungen zu sehen. Leider muss hier kürzlich jemand unbeaufsichtigt sein Unwesen getrieben haben. Einige Zeichnungen sind frisch zerkratzt. Unvorstellbar, was in solchen Menschen vorgehen mag. Das Wollgras zwischen den Felsen sieht wunderschön aus, befindet sich aber über kurz oder lang überall an den Füßen und Beinen und sticht durch meine leichten Keen Sandalen mit Neoprenbezug. Richtig geschlossene Schuhe wären hier angenehmer gewesen. Auf dem Rückweg sehen wir Geckos und Agamen an den Felsen und Kaulquappen in den kleine Wasserpfützen neben dem Weg.
Wir bedanken uns bei unserem Guide und zahlen ihn aus. Natürlich kommt man auf so einer Wanderung ins Gespräch und, wohl strategisch motiviert, will er wissen, was unser nächstes Ziel ist. Als er Palmwag hört, fragt er, ob wir eine junge Frau aus seiner Gruppe mitnehmen könnten. Sie wohnt dort in einem Dorf ganz in der Nähe. Das öffentliche Verkehrsnetz in Namibia ist kaum existent und so haben die Menschen kaum eine andere Chance, größere Strecken zurückzulegen. Wir geben zu bedenken, dass wir aber noch in Twyfelfontein Halt machen, was sie natürlich nicht davon abhält mitfahren zu wollen. Also räumen wir unsere Rückbank etwas frei und laden ihre Tasche hinten ein. Einer der Trittbrettfahrer von heute Morgen gibt uns noch mit, vorsichtig zu fahren, da sie seine Freundin sei.
Um etwa 11 Uhr fahren wir mit unserem neuen Gast zurück auf der D2359 nach Osten zur C35 und auf dieser nach Norden. Nach 57 km biegen wir auf die D2612 nach Westen ab und folgen dieser 62 km bis zur Abzweigung der Piste nach Süden in Richtung Twyfelfontein. Nach 9 km erreichen wir um 13 Uhr den Parkplatz. Unser Gast war noch nie hier und so laden wir sie ein, uns zu begleiten. Wir bieten an, ihren Eintritt zu bezahlen, aber sie darf kostenlos mitkommen. Wir bekommen wieder eine Führerin und machen uns mit ihr auf den Rundweg zu den Felsgravuren. Anders als am Brandberg wurde hier nicht auf den Fels gemalt, sondern in den Fels geritzt. Die Symbole ähneln einander, wieder werden vor allem Tiere dargestellt, aber hier sieht man fast keine Menschen abgebildet. Etwa eine Stunde in der gleißenden Sonne später haben wir den 2 km langen Rundweg mit den wichtigsten Gravuren absolviert. Man schätzt den Entstehungszeitpunkt auf eine Periode von 300 v. Chr. bis um 1800 n. Chr. Vermutlich wurden Jagdszenen dargestellt. Die Abbildung einer Robbe legt nahe, dass die Jäger bis zum rund 100 km entfernten Atlantik vordrangen.
Wir machen uns auf den Weg zurück in Richtung D2612 und biegen aber zuvor noch nach Süden zu den Organpipes ab. Am Rande eines kleinen Flussbetts findet man hier eine Ansammlung langer Doloritsäulen vulkanischen Ursprungs mit rechteckigem Querschnitt, die wie die Pfeifen einer Orgel dicht beieinander stehen. Sie sind ganz hübsch anzusehen, aber ohne die Felsgravuren, nur für die Orgelpfeifen, würde sich der Weg hierher nicht lohnen.
Wir fahren zur D2612 und auf dieser weiter nach Nordwesten zur C39. Die kleine D-Straße war in einem deutlich besseren Zustand als jetzt die größere C-Straße. Als wir in das Gebiet des Huab-Flusses kommen, ist die Straße mehrmals komplett weggeschwemmt und wir fahren immer wieder über Stock und Stein durch ein Trümmerfeld. Mit einem normalen PKW schwerlich vorzustellen. Unterdessen telefoniert unser Fahrgast fleißig mit dem Handy und empfängt SMS. Dann, kurz bevor wir die C43 erreichen, fragt sie, ob wir ihre Schwester auch noch mitnehmen könnten. Sie sei in einem kleinen Krankenhaus in Bergsig gewesen und wir könnten sie von dort mitnehmen. Also halten wir, mittlerweile auf der C43, in Bergsig an, schieben die Sachen auf der Rückbank noch ein wenig mehr zusammen und laden ihre Schwester samt deren kleiner Tochter ein. 38 km später kommen wir bei dem kleinen Dorf an der Kreuzung der C43 mit der M128 nach Palmwag an. Die Mutter der zwei freut sich natürlich sie wiederzusehen und bedankt sich sehr. Die ältere Schwester bittet uns, sie noch bis zum Shop am Eingang der Palmwag Concession mitzunehmen. Dort angekommen möchte sie, dass ich ihr eine 10-N$-Telefonkarte kaufe. Der Betrag ist lächerlich uns entspricht rund 1 €. Ich muss aber sagen, es stört mich doch sehr und ich empfinde es als ein Ausnutzen meiner bisherigen Hilfsbereitschaft. Ich kaufe ihr die Karte trotzdem und wir fahren weiter zum Eingang des Konzessionsgebiets.
Hier befindet sich ein Veterinärkontrollposten. Wir dürfen auf dem Rückweg an dieser Stelle kein frisches Fleisch mitbringen. Bei der Palmwag Lodge fahren wir zum Campground und beziehen einen tollen Platz unter Palmen. Alle Sites sind durch Hecken komplett voneinander abgetrennt und dadurch sehr ruhig und privat. Es gibt eine eigene Spülbeckenzeile und einen Grillplatz mit Picknicktischen. Allerdings haben wir für diesen Abend ein Essen in der Lodge vorbestellt, das sich als sehr gut herausstellt.