Dienstag, 28. Juni: Luxus und eine Katze

Wir stehen zeitig auf und fahren auf der C38 nach Westen. Wir begegnen noch einigen Giraffen und verlassen über Okaukuejo den Park. Kurz vor dem Anderson Gate verabschieden uns noch ein paar Kuhantilopen neben der Straße. Um 9:30 Uhr überqueren wir die Parkgrenze.

Wir fahren auf der C38 weiter nach Süden und kommen nach 98 km durch Outjo und nach weiteren 70 km durch Otjiwarongo. Beides sind große Städte mit sehr guter Infrastruktur wie Tankstellen, Supermärkten und Poststellen. Hinter Otjiwarongo nehmen wir die B1 weiter nach Süden. 48 km südlich erreichen wir um 12:15 Uhr das Eingangstor von Okonjima, dem Sitz der AfriCat Foundation. Am Tor müssen wir unsere Buchungsbestätigung vorweisen und dürfen dann einfahren. Ab hier sind es noch 24 km auf einer roten Sandpiste bis zum Haupthaus der Lodge. Unterwegs passieren wir noch zweimal ein Gate mit Wachmann, die uns aber, jeweils schon über das Funkgerät informiert, bereits erwarten und uns durch das Tor einfahren lassen. Am Abzweig zum Campground rechts halten wir uns links weiter in Richtung Main Camp. Nach vier Nächten mit Husten in der eiskalten Nachtluft um den Gefrierpunkt habe ich das Campen satt und plane, beide Nächte in der Lodge zu verbringen. Um Zugang zu den Aktivitäten in Okonjima zu erlangen, mussten wir ohnehin eine Nacht in der Lodge buchen, andernfalls hätten wir darauf keinen Anspruch gehabt. Die andere Nacht wollten wir eigentlich auf dem sehr idyllisch gelegenen Campground verbringen. In Anbetracht der nicht wärmer werdenden Nachttemperaturen werfen wir diese Planung über den Haufen. Der Mitarbeiter der Lodge, der uns mit dem Quad zum Campground führen sollte, kommt uns entgegen und fragt, nachdem ich ihm mein Anliegen erklärt habe, per Funk in der Lodge nach, ob ein spontanes Upgrade möglich ist. Da noch keine Hauptsaison ist und ein Zimmer natürlich deutlich teurer ist, stellt das kein Problem dar.

Wir folgen ihm zum Hauptcamp und werden dort mit einem Glas Guavensaft begrüßt. Dann werden wir zu unserem Vista Room mit Panoramafenstern und tollem Ausblick auf die umgebende Buschlandschaft und darüber hinweg ziehenden Warzenschweinen gebracht. Da das Main Camp am nächsten Tag generalüberholt werden soll, bekommen wir für die nächste Nacht ein Upgrade für das noch luxuriösere Bush Camp einige Kilometer entfernt.

Die Aktivitäten auf Okonjima sind kostenpflichtig und wie die Zimmer nicht günstig. Allerdings kommen sie natürlich der Arbeit der AfriCat Foundation zugute. Für heute Nachmittag haben wir uns für das Leopard Viewing ausgesucht. Wir fahren mit den Guides Nigel und Mike sowie einem deutschsprachigen Ehepaar aus Swakopmund hinaus in das 4500 Hektar große Gebiet beim Main Camp. Hier leben acht Leoparden völlig frei. Nur über ein Funkhalsband können sie angepeilt und aufgespürt werden.

Die AfriCat Foundation wurde von der Hansen-Familie gegründet. Sie fingen als gewöhnliche Farmer mit Viehhaltung an und hatten größere Verluste an ihrem Tierbestand durch Raubtiere. Auch der Abschuss einzelner Tiere änderte daran nichts. Erst als sie sich mit den Lebensgewohnheiten der Raubtiere vertraut machten, konnten sie ihre Tiere durch das erworbene Wissen vor Übergriffen effizienter schützen als durch das Abschießen. Gleichzeitig fingen sie einen Gästefarmbetrieb an und führten Besucher zu den bevorzugten Plätzen vor allem von Leoparden. Das Abschießen der Raubkatzen wurde eingestellt und immer mehr Touristen kamen. Nachbarfarmen waren plötzlich ebenso am Wissen der Hansens interessiert und brachten sogar gefangene Tiere auf deren Farm. Sie wurden dort behandelt und wieder in die Freiheit entlassen. Heute befindet sich die Non-Profit Organisation AfriCat zur Erforschung und Versorgung von gefangenen, verletzten oder verwaisten Raubtieren auf der Luxus-Farm Okonjima. Die Lodge ist der größte Geldgeber der Foundation. Durch Zukauf von drei benachbarten Farmen – Ombujongwe, Joumbira und Marathon – ist diese über die Jahre von 6000 auf unglaubliche 22.000 Hektar (220 km2) angewachsen.

Ein Tier hat sich ganz in der Nähe des Camps in einem morastigen Grasstück versteckt. Wir kommen mit dem LandRover nicht an sie heran, ohne im Schlamm stecken zu bleiben. Also fahren wir nach Süden einigen anderen Signalen hinterher. Aber auch hier haben wir Pech – alle Tiere haben sich in das felsige Terrain des Omborokobergs zurückgezogen. Hier kommt auch der beste Geländewagen nicht hinein. Da die Zeit drängt, müssen wir auf Plan B zurückgreifen. Ein Leopard lebt in einem großen Freigehege in der Nähe des Camps. Er wurde als junges Tier auf die Farm gebracht und mit der Flasche aufgezogen. So ist er auf der einen Seite sehr auf Menschen fixiert. Leider ist er aber auf der anderen Seite mit der Pubertät ein wildes Tier geworden, mit unberechenbarer Aggressivität wie auch Wayne Hansen selbst erleben musste. Nach einer Attacke beschloss er, das Tier in ein Gehege zu verbringen. Auswildern eines so an Menschen gewöhnten Tieres war nicht mehr möglich. Das Tier wird mit einem großen Stück Eselfleisch angelockt und wir können es, ganz ohne Funkhalsband, aus einem Hide heraus im Licht der untergehenden Sonne in Aktion fotografieren. Nicht ganz die Erhoffte „Wildsichtung“, aber trotzdem durch die Kraft, Größe und Eleganz des Tieres nicht minder beindruckend. Nach dem obligatorischen Sundowner draußen im Busch fahren wir zurück zum Main Camp und bekommen ein aufwendiges und erstklassiges Dinner kredenzt. Auf den kurzen Ausflug zu Fuß zum Nocturnal Hide nach dem Abendessen verzichten wir aufgrund der einsetzenden Kälte und den damit verbundenen Hustenanfällen meinerseits. Abends in unserem Viewroom erwarten uns schon durch Wärmeflaschen vorgewärmte Betten.